Übrigens gibt es hier keine Straßen. Ich habe am Abend im Pub einem Einheimischen erklärt, auf welcher „street“ wir in den Ort gekommen sind. Sehr zu seinem Vergnügen. Mit breitem Grinsen hat er gefragt: „Which street? We don´t have streets here, we just got roads!“ Big difference, na gut. Hab was gelernt.
Bevor wir die 170 km nach Windorah aufgebrochen sind, hat uns Bob für die road noch einen gebrauchten Reservereifen in die Hand gedrückt. Zwar ohne Felge, aber immerhin. Er sagt nämlich, dass er auf dieser Strecke noch jedes Mal einen Patschen gehabt hat. Harald hat gleich das ganze Werkzeug probiert, ob wir eh alles mithaben, um einen Reifen wechseln zu können. Ja, alles da und der Wagenheber funktionert auch. Bis jetzt zum Glück nichts davon nötig gehabt.
Wir sind jetzt im Barcoo-Shire (shire = Bezirk) mit einer Fläche ungefähr so groß wie Österreich. Es leben allerdings nur ungefähr 580 Leute hier, verteilt auf drei Dörfer („towns“, ha ha) und ein paar stations (Bauernhöfe). Bis zur nächsten Ortschaft Birdsville sind es 385 km und nach Bedourie sind es 375 km, natürlich jeweils ohne Tankstelle oder sonst irgendwas dazwischen.
Wer mal sehen will, wie hier auf den riesigen Schaffarmen Schafe geschoren werden, der sollte nach Yaraka kommen. Wir hatten heute das Vergnügen. Bob, der hier im Mini-Ort für fast alles zuständig ist (Schwimmbad, IT-Center, Automechaniker, Greißler etc.), hat uns zur einige Kilometer entfernten Bellevue-Station mitgenommen, wo gerade die Tausenden Schafe geschoren werden. Eine ganze Partie von Schafscherern, die mit einem Truck durch die Lande ziehen, haben den Tieren bei sehr lauter Musik einen neuen Haarschnitt verpasst. Die Schafe haben alles relativ unbeteiligt über sich ergehen lassen, und die Kinder haben sich sehr gefreut, dass sie ein Babyschaf halten durften, während dessen Mama einmal schneiden ohne fönen bekam.
Das Baby Schaf kommt ungeschoren davon:
Am Vormittag durften wir die hiesige Schule besichtigen. Derzeit gibt es hier sechs Schulkinder zwischen fünf und ca. 11 Jahren, die von einer sehr netten Lehrerin unterrichtet werden. Die Ausstattung ist besser als in Österreich: Jeder hat seinen eigenen Computer. Die größeren Kinder lernen Japanisch als Fremdsprache, allerdings über Telefon und Internet, da die Lehrkraft nicht den weiten Weg kommt. Nur blöd, dass die Eisenbahn hier nicht mehr herkommt. Bis 2005 war hier Endbahnhof, jetzt kommt gar nix mehr, und alle hoffen, dass Yaraka keine Geisterstadt wird. Aber zumindest wird eine Asphaltstraße kommen, damit ein paar mehr Touristen die wunderschöne flache Landschaft umgeben von malerischen Tafelbergen genießen können. Wir haben hier einen Campplatz mit Strom, der gar nix kostet, ein großes Schwimmbad, Klo und Dusche und ein Pub, das am Samstag-Abend der Treffpunkt aller Familien ist, die im Umkreis von bis zu hundert Kilometern von hier wohnen.
Gestern waren Bob und seine Frau Katie mit uns auf einem dieser tollen Tafelberge.
Wir sind mit ihrem 4-Wheel-Drive-Auto mitgefahren, denn sonst kommt man da nicht rauf.
Derzeit. Bald soll hier auch eine asphaltierte Straße raufführen, mit Sicherheitszaun oben, damit niemand runterfällt. Die vier Kinder von Bob und Katie sind allerdings niemals runtergefallen, obwohl sie die eine oder andere feuchtfröhliche Party mit Riesenaussicht dort oben gefeiert haben. Die Kinder sind jetzt alle erwachsen, und keines wohnt mehr hier. Alle sind in die Stadt gezogen. Die Landflucht hat auch hier schon eingesetzt, weil die Arbeitsplätze eben weniger werden. Früher brauchte man viel mehr Leute für die Landwirtschaft, einen Hufschmied samt Assistent für die Pferde und so weiter. Aber wer Arbeit sucht und geschickt ist, wird sie hier sicher finden...
Im Ort gibt es eine ganze Anzahl von Hundewelpen, die vor allem von Lilith mit Hingabe rumgetragen werden. Das kann ja was werden morgen, wenn wir weiterfahren…
Natürlich hat Gypsie, der junge Hund am Campingplatz von Ilfracombe, trotz dieser halbwegs englischen Aufforderung von Lilith keineswegs artistische Kunststücke vollbracht. Aber wenn Lilith und Fiona „sit down“ oder „come here“ gesagt haben, dann hat er leidlich gefolgt. Der Abschied von diesem schönen Platz wird uns schwer fallen: grün gepflegte Rasenflächen vor den Häusern, ein super Thermalbad gespeist vom Great Artesian Basin, ein nettes Cafe mit funktionsfähigem uraltem Grammophon, das der Besitzer extra für uns in Betrieb nahm, und eben der Hund. Und natürlich die Kinder der Campingplatz-Betreiber, die mit unseren Mädels rumtoben und Videos auf unserem Laptop schauen.
Aber wir haben auch den Abschied von der florierenden Mienenstadt (Blei, Erze, Silber) Mount Isa geschafft, wo wir tatsächlich jeden Tag im McDonalds einfielen (keeping the kids happy, wie Harald das nennt). Außerdem gab es hier das sehr interessante Outback at Isa Center mit vielen Infos über das Leben von vor 100 Jahren: die Mamas damals haben bei den üblichen Sommertemperaturen (ca. November bis Februar) von durchschnittlich 45 Grad und gelegentlichen Sandstürmen die Kleinkinder mangels Kühlung und Staubschutz unter den Tisch gesetzt und nasse Leintücher drübergehängt… Außerdem erfuhr hier die australische Gewerkschaftsbewegung durch große Mienenarbeiter-Streiks großen Aufschwung.
Zum „Outback at Isa“-Zentrum gehört auch eine nette Sandkiste für die Kinder, wo sie ein Dino-Skelett ausgraben können. Das Foto haben wir eh schon vor Tagen online gestellt, falls sich jemand gefragt hat, was das war. Die Sandkiste gehört zu einer sehr gut gemachten Ausstellung über die urzeitliche Entwicklung Australiens inkl. Fossilien.
Es war ein lauschiger Familienausflug zum kühlen Wasserloch, als plötzlich das Unheil in Form eines fünf Meter hohen Monsters mit 3-Meter-Schritten aus dem Busch preschte. Alles rannte in Panik durcheinander, während das Monster auf die Jagd ging, bis es schließlich zufrieden an seinem Opfer kaute.
Dies alles passierte vor 95 Millionen Jahren, und die Fußabdrücke der beteiligten Dinosaurier konnten wir heute besichtigen. Die Abdrücke – ursprünglich im Schlamm am Wasserlauf entstanden – waren unter meterdickem Sediment in der heutigen trockenen Steppenlandschaft von Queensland versteckt, bis sie in den 1970er Jahren bei der Opalsuche entdeckt wurden. Spielberg ließ sich davon zu „Jurrassic Parc“ inspirieren, wir nahmen eine 250 Kilometer lange Fahrt auf dirt roads durch das Outback auf uns. Immerhin gibt es so was nur ein Mal auf der Welt…
Wir nächtigen auf der Carisbrooke-Station südlich von Winton, und zwar im Schafscherer-Stadl. Früher gabs hier mal 8000 Schafe, aber die siebenjährige Dürre ließ keines davon übrig. In den 60er Jahren war es angeblich noch schlimmer, also vielleicht wird’s ja wieder. In der Nacht hat es jedenfalls schon mal geschüttet. Die Landschaft ist auch ohne Weiden sehr schön, es gibt bizarre Tafelberge mit tollem Ausblick auf das Tal und eine Unmenge Känguruhs in allen Größen. Letztere sind angeblich auch daran schuld, dass es auch bei genug Regen nicht genug Pflanzen gibt. Sie fressen nämlich die Blätter und reißen dann die Wurzeln aus. Da gedeiht dann halt nur mehr das ungenießbare harte Spinifex-Gras.
Morgen kehren wir kurz nach Winton zurück, wo wir bereits das witzige „Waltzing Matilda“-Museum besichtigt haben. Ein Haus nur einem einzigen Lied gewidmet, das quasi die heimliche Nationalhymne von Australien ist. Hier an einem Wasserloch soll es der Sänger Banjo Paterson geschrieben haben. Wie pflegte der Leadsänger der „Bulldust Brothers“ am Campingplatz in Alice Springs zu sagen? „Was ist das nur für ein Land, wo es in der heimlichen Nationalhymne um einen arbeitslosen Schafscherer geht, der sich nach dem Klauen eines Schafes im Billabong ertränkt, um der Polizei zu entwischen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Diese Riesenvögel heißen übrigens Brolgas. Wir haben sie auf der Strecke von Mount Isa nach Winton in Kynuna vor dem Pub gesehen:
Wir wissen nicht recht, ob wir mit diesem Foto von Liliths halbstündiger Grabungsarbeit an die Öffentlichkeit gehen sollen, denn eigentlich haben wir keine Ausgrabungslizenz beantragt, aber die Knochen passen alle in unsere Koffer.
1. Die Videoanalyse ergab die Schlange vom Buleys Rockhole im Litchfield National Park war doch keine Schlange sondern ein Burtons Legless Lizard (obwohl Fionas Test mit der Poolnudel was anderes ergab)
2. Eigentlich wollten wir ja nach Broome in Western-Australia aber das GPS und der Kompass spielten verrückt und wir sind jetzt 1837 Luftlinien-Kilometer und ca. 2980 Straßen-km davon entfernt in Queensland, oder Königinnen-Land wie die Kids dazu sagen, in Mount Isa gelandet.
3. Weiterhin alles Roger. (Wer nur Bahnhof versteht frage Willi….)
Da muss Lilith ja wirklich mal böse werden. So ein kleines Krokodil, noch nicht einmal einen Meter lang, und das Maul ist auch mit Klebeband verpickt, und trotzdem darf sie das kuschelige Schnappi nicht mal alleine rumtragen! Nur vorsichtig streicheln!
Leider sind diese Urtiere eben wirklich sehr gefährlich. Schon die Kleinen haben wilde Zähne, können gewaltig beißen und mit dem Schwanz richtig fest hauen. Und Krokodilwunden heilen sehr langsam, weil sie so viele Bakterien im Maul haben. Das beeindruckt Lilith gar nicht, aber von den sehr großen Exemplaren im Crocodylus-Park in Darwin war sie genau wie Fiona schwer begeistert. Der Guide hat die riesigen Echsen (die Männchen so um die fünf Meter lang, können bis 7,5 m werden) mit Hühnerteilen gelockt, die sie sich dann springend und Maul aufreißend geschnappt haben. Dabei sind die Salzwasserkrokos noch ausgesprochen aggressiv: Vor einer Woche hat ein Männchen sein Weibchen einfach aufgefressen, no worries at all. Die Männchen verletzen sich bei Revierkämpfen oft schrecklich, wir haben ein Foto von einem Krokodil gesehen, dem die Hälfte des oberen Mauls abgebissen wurde. Und im angeschlossenen Museum konnten wir Menschenknochen sehen, die im Magen eines Krokos gefunden worden sind.
Am Abend am Campingplatz hatten wir dafür noch sehr netten Besuch: Ein Possum (Beutelratte) hat sich unser Brot schmecken lassen. Fiona hat es mit Hingabe gefüttert, und das Tier hat sich kopfüber in den Baum gehängt, sich mit dem Schwanz festgehalten und das Brot wie ein Eichkätzchen (nur eben falsch rum) geknabbert. Riesenaugen, rosa Schnäuzchen, irgendwie eine Mischung aus Teddybär, Affe und Ratte.
In Darwin kommen jeden Tag pünktlich mit der Flut riesige Fische – Milkfish, Schaufelnasenhaie, Katzenwelse, Stachelrochen etc. an den Strand, um sich ihre Portion Brot abzuholen. Wir konnten sie wirklich aus der Hand füttern!
Die Tierwelt am Campingplatz ist allerdings auch nicht zu verachten. Nachdem es in der Nacht auf Sonntag ausgesprochen geschüttet hat (sehr unüblich für die Jahreszeit, aber untertags wird es immer sehr sonnig und heiß), hat Harald einen großen grünen Frosch gefunden und natürlich gleich mitgenommen (Lilith durfte ihn streicheln):
Und heute zum Frühstück sind nicht nur die üblichen großen Vögel mit den langen langen Schnäbeln um uns rumgestelzt, sondern erstmals auch ein Pfau.
Am Weg vom Swimmingpool zum Zelt haben wir dann noch eine Art Hirschkäfer entdeckt, ungefähr drei Mal so groß wie die nämlichen Exemplare in Österreich (Lilith durfte ihn nicht streicheln, denn der hat ordentliche Beißzangen!)
Wir sind immer noch in Howard Springs und verbringen die Tage mit Baden in den drei Swimmingpools am Campingplatz. Die Kinder gehen jetzt schon die zweite Woche jeden Tag für zweieinhalb Stunden nachmittags in den hiesigen Kindergarten – sprich Preschool – und sind schwer begeistert. Sie wollen überhaupt nicht mehr weiterfahren. Heute haben sie einen Ausflug zum Lake Alexander gemacht und waren in der Früh schon sehr aufgeregt.
In Howard Springs selbst gibt’s auch eine sehr schöne natürliche Badestelle mitten im Regenwald,
nur leider ist reinhüpfen derzeit nicht empfehlenswert, weil seit der Regenzeit noch zu viele Mikroorganismen rumschwirren, von denen man krank werden kann. Aber dafür tummeln sich Schildkröten, riesige Fische und auch ein paar Schlangen darin. Hier ein Video von einem gefräßigen Riesen:
... und nicht zu überhören die Kakadus:
Am Samstag wollen wir aber (wahrscheinlich) endgültig aufbrechen, wahrscheinlich kurze 2000 km nach Broome in Westaustralien. Dort kann man dann so richtig im Meer krokodil- und quallenfrei baden.
Fiona hat hier nun auch ihren ersten Arztbesuch in Australien hinter sich gebracht. Eines Abends hatte sie plötzlich einen sehr roten Oberschenkel mit Ausschlag und starkem Juckreiz. Bis zum nächsten Tag verbreitete sich der Ausschlag dann auf diverse andere Stellen. Die Medizin von der Ärztin hat gut geholfen, und wir nehmen an, dass sie sich auf eine dieser haarigen kleinen Raupen gesetzt hat, die manchmal durch die Wiese krabbeln. Ich habe nämlich am nächsten Tag eine auf unserer Picknickdecke gefunden. Wir anderen haben denselben Ausschlag auch bekommen, nur viel weniger stark. Es war vor allem Harald betroffen, und zwar an dem Arm, mit dem er Fiona getragen hat. Dürfte eine Kontaktallergie gewesen sein. Wir haben das Zelt ausgeräumt und alle Bettsachen heiß gewaschen, damit keine Härchen mehr übrig sind.
Ach ja, ich war beim Friseur und habe jetzt endlich kürzere Haare. War eh schon viel zu heiß. Auf Grund des Klimas ist es hier üblich, mit nassen Haaren vom Friseur wegzugehen. Wer unbedingt gefönt werden will, muss halt extra zahlen.
Nachtrag zum Rätsel:
Nachdem es keiner erraten hat, hier die Lösung: Das Bild zeigt ein Felswallaby in Alice Springs, das Fiona und Lilith gerade überfüttert haben. Harald hat eine etwas unvorteilhafte Perspektive gewählt…
Fiona und Liliths erster Kindergartentag an der Howard Springs Preschool:
Lilith hüpft in einen der 3 Swimmingpools auf unseren Campingplatz:
... wir bleiben noch ein paar Tage hier!
Lg, Harald, Sabine, Fiona & Lilith
...und alles was ist, dauert drei sekunden
eine sekunde für vorher, eine für nachher, eine für mittendrin
für da, wo der gletscher kalbt
wo die sekunden ins blaue meer fliegen...
(Peter Licht)
1. Eine ausgestopfte Beutelratte (endlich haben wir eine gefunden!)
2. Ein Schappschuss der Meisterfotografin Lilith von ihrem Lieblings-Plüschtier
3. Der Osterhase, ein bisschen derangiert nach dem aufreibenden Eieraustragen
4. Ein australisches Riesenkänguruh im besten Teenager-Alter
5. Ein Felswallaby in wenig vorteilhafter Pose
Wenn es jemand richtig errät, kaufen wir uns ein Eis.